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«Es gibt ein erfülltes Leben trotz vieler unerfüllter Wünsche» (Dietrich Bonhoeffer)

In unserer modernen Gesellschaft sind Begriffe wie FOMO (Fear of Missing Out), Selbstoptimierung, Leistungsdenken, Leistungsgesellschaft und Individualismus allgegenwärtig. Wir leben in einer Zeit, in der Erfolg und Erfüllung nur erreichbar scheinen, wenn wir ständig an uns arbeiten, an unsere Grenzen gehen und unsere Erfolge messen. Die Botschaft ist klar: Wer nicht alles erreicht, was möglich ist, wer nicht jeden Trend mitmacht, wer nicht ständig an sich arbeitet, der hat das Leben nicht voll ausgekostet. Erfolg und Glück werden als Ergebnis von Leistung und persönlicher Anstrengung gesehen – ein Prinzip, das tief in der Idee der Leistungsgesellschaft verwurzelt ist.

Doch dann kommt ein Satz wie der von Dietrich Bonhoeffer: „Es gibt ein erfülltes Leben trotz vieler unerfüllter Wünsche.“ Diese Worte stehen in scharfem Kontrast zum allgegenwärtigen Drang nach Selbstoptimierung und dem Streben nach einem makellosen Lebenslauf. Sie wirken fast wie eine stille Rebellion gegen die Zwänge unserer Zeit. Wie kann man erfüllt sein, wenn so viele Ziele unerreicht bleiben? Wie kann man Zufriedenheit empfinden, ohne ständig nach Erfolg und Anerkennung zu streben?

Bonhoeffer stellt eine unbequeme, aber wesentliche Frage: Muss das Leben wirklich perfekt sein, um erfüllt zu sein? Inmitten gesellschaftlicher Erwartungen, die Erfüllung nur an Leistung und Erfolg messen, fordert er uns auf, einen anderen Weg zu finden – einen Weg jenseits von Individualismus und äusserem Erfolg. Er erinnert uns daran, dass das Leben nicht an unerfüllten Wünschen scheitern muss. Erfüllung findet sich oft in den kleinen, stillen Momenten, in der Liebe zu anderen, in der Hingabe an eine grössere Sache, in der Akzeptanz der eigenen Unvollkommenheit.

Unsere Gesellschaft ist jedoch nicht darauf ausgerichtet, diese Art der Erfüllung zu fördern. Sie feiert den Erfolg, nicht den Misserfolg. Sie belohnt den Ehrgeiz, nicht die Gelassenheit. Und doch spüren immer mehr Menschen, dass sie das ständige Streben nach mehr nicht erfüllt, sondern auslaugt. FOMO und Selbstoptimierung treiben uns in eine Spirale, aus der es kein Entrinnen zu geben scheint.

Bonhoeffers Worte laden uns zum Innehalten ein. Sie ermutigen uns, unser ständiges Streben nach Perfektion zu hinterfragen und zu überlegen, ob wir nicht auch in einem unvollkommenen Leben Erfüllung finden können. Sie fordern uns auf, uns zu fragen, ob wir den Mut haben, unseren eigenen Weg zu gehen – einen Weg, der nicht von äusserem Erfolg diktiert wird, sondern von innerer Zufriedenheit.

Vielleicht ist es an der Zeit, sich von der Vorstellung zu lösen, dass Erfüllung nur durch die Erfüllung all unserer Wünsche möglich ist. Vielleicht ist es an der Zeit zu akzeptieren, dass das Leben mit all seinen Unzulänglichkeiten dennoch zutiefst erfüllend sein kann.